
Rund 300 Menschen haben sich heute trotz Regens zu einer Kundgebung auf dem Julius-Mosen-Platz zusammen gefunden. Die Gruppe Seebrücke Oldenburg hatte zu dieser aufgerufen.

Die Seebrücke Oldenburg ist seit bald einem Jahr aktiv und versucht durch Aktionen und Veranstaltungen auf die Situation von flüchtenden Menschen an den EU-Außengrenzen aufmerksam zu machen und die Arbeit der zivilen Seenotrettung zu unterstützen.
Thema und Anlass der heutigen Kundgebung waren die weiterhin ignorante Politik der europäischen Staaten, welche über das Mittelmeer flüchtende Menschen seit nunmehr zwei Jahren ertrinken lässt. Schätzungsweise jede sechste Person, die sich auf den Weg über das Mittelmeer macht, überlebt diese Überfahrt nicht. Seit dem es keine staatlich-organisierte Seenotrettung mehr gibt, sind die zivilen Seenotretter*innen, wie die der Organisation »Seawatch«, nahe zu die einzigen, die versuchen zu verhindern, dass Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer sterben.

Durch die Ereignisse vor Lampedusa, wo dem Rettungsschiff »Seawatch 3«, mit über vierzig Geretteten an Deck, das Einlaufen in einen europäischen Hafen wochenlang verweigert wurde, wurde einer breiten Öffentlichkeit zum wiederholten Male die unmenschliche, gnadenlose Haltung der europäischen Staaten vor Augen geführt.
Nachdem die Situation an Deck immer angespannter wurde und einzelne Personen damit drohten, über Bord zu gehen, setzte sich die Kapitänin Carola Rackete schließlich über das durch den rechtsextremen italienischen Innenminister erlassene Anlandungsverbot hinweg und fuhr in den Hafen von Lampedusa ein.

Anschließend wurde Carola zunächst unter Hausarrest gestellt, bis ein italienisches Gericht gestern die Unrechtmäßigkeit dieser Maßnahme feststellte.
An den Ereignissen auf der »Seawatch 3« war der Oldenburger Maschinist Sören Moje unmittelbar beteiligt. Gerade aus Italien zurückgekehrt, konnte er nun auf der Kundgebung von seinen Erlebnissen berichten. In seinem Redebeitrag machte er deutlich, dass es nicht nur die italienische Regierung ist, die mit ihren faschistische Haltungen und Handlungen geltende Gesetze missachteten. Das Verweigern und Wegsehen, insbesondere auch durch die deutsche Politik, zeige: »das Problem heißt Rassismus«- nicht nur in Italien.

Konkret sehen sich die Seenotretter*innen nun in der Situation, dass sie, da ihr Schiff beschlagnahmt ist, wieder einmal längere Zeit daran gehindert werden, raus zu fahren, um Menschen zu retten.
Neben der Beendigung dieser Kriminalisierung der Seenotrettung forderte Sören, dass die europäischen Staaten gefälligst wieder selbst die Seenotrettung in die Hand nehmen.

In zwei weiteren Redebeiträgen wurde unter anderem Forderungen nach legalen Einreisewegen nach Europa und Appelle gegen den sich ausbreitenden Rassismus ausgerufen. Auch gab es zwei musikalische Einlagen sowie eine Schweigeminute, die unter anderem zu mehr Nachdenklichkeit anregen sollte.
Anschließend wurde durch eine Seebrücke-Aktivistin ein offener Brief verlesen, in dem der Oberbürgermeister Krogmann aufgefordert wurde, sich den Kommunen anzuschließen, die sich als »sichere Häfen« dazu bereit erklären, gerettete Flüchtende aufzunehmen und sich politisch für die Durchsetzung von Menschenrechten einzusetzen. In einem bereits verabredeten Gespräch wollen Aktivist*innen den OB von der Teilnahme überzeugen und sie erwarten auch die Stadtratsmitglieder die Unterstützung für diese Initiative.

Schließlich stellten sich die Teilnehmer*innen der Kundgebung zu einem Soli-Foto auf, auf dem sie den »Notstand der Menschlichkeit!«, das Motto dieser Veranstaltung, verkündeten.