
Das Treffen der G20 rückt mit großen Schritten näher. Aber auch die Vorbereitungen von Protesten sind in vollem Gange.
Für alle, die sich fragen, warum der Protest gegen das Treffen der G20 eigentlich sinnvoll sein kann, möchten wir noch ein paar Argumente liefern.
Die Argumente wurden von einem Mitglied des Linken Forums Oldenburg erarbeitet und im Rahmen einer Mobilisierungsveranstaltung bereits vorgetragen:
Warum sollte man in Hamburg auch gegen die deutsche Regierung demonstrieren?
Z. B., weil Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa hat. Jeder Sechste ist in Deutschland arm oder von Armut bedroht. Das belegt der gerade verabschiedete Armuts- und Reichtumsbericht, den die Bundesregierung in jeder Legislaturperiode vorlegen muss. Der insgesamt wachsende Wohlstand geht an großen Teilen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorbei. Der Bericht zeigt, dass Erwerbslose (59 Prozent), Alleinerziehende (43,8 Prozent), ausschließlich geringfügig Beschäftigte (25,7 Prozent) und Leiharbeiter (17,7 Prozent) besonders häufig von Armut betroffen sind. Er belegt also auch, dass viele Menschen arm sind, obwohl sie in Lohnarbeit sind.
Dazu passt, dass die 40 % in Deutschland lebenden Menschen mit dem niedrigsten Einkommen seit 1990 keinerlei Zuwachs an Kaufkraft haben – trotz des vielfach gepriesenen Wirtschaftswachstums.
Auch spielt die soziale Herkunft in Deutschland eine größere Rolle für die gesellschaftlichen Chancen als in den meisten anderen Ländern. So haben sich beim Wettlauf um die höheren Bildungsabschlüsse die Chancenabstände zwischen privilegierten und benachteiligten Gruppen seit den 80er Jahren vergrößert. Die Kinder von einfachen Dienstleistern und der Arbeiterelite und insbesondere die Arbeiterkinder haben trotz gestiegener Chancen gegenüber allen anderen Gruppen an Boden verloren. Die universitären Studienchancen der Kinder von Selbstständigen mit Abitur liegen um das 14fache höher als diejenigen der Kinder aus Facharbeiterfamilien und sogar um das 41fache (!) höher als diejenigen der Kinder von Ungelernten. Deren Bildungskarriere endet häufiger auf einer Sonderschule (7 %) als auf einer Fachhochschule oder Universität (jeweils 2 %).
Und – in Deutschland entwickelt sich eine massive Altersarmut. Bereits heute leben die Durchschnittsrentnerinnen unter der Armutsgrenze (z.Zt. 890,- €), die Durchschnittsrentner knapp darüber. Da die Preise fast jedes Jahr stärker steigen als die Renten, holt die Altersarmut früher oder später immer mehr Rentner_innen ein. Trotz der amtlichen festgestellten Altersarmut meinen die Regierungsparteien, die Zahl der Armutsrentner_innen sei kein nennenswertes Problem, weil nur sehr wenige von diesen die „Grundsicherung im Alter“ beziehen. Dies liegt jedoch zum Großteil an der Scham der Armutsrentner_innen, Grundsicherung zu beantragen. Zudem wissen viele Menschen nichts von der Möglichkeit, durch die Grundsicherung auf das Armutsniveau von Hartz IV aufzustocken. Das Thema Rente jetzt auf einmal als Thema der derzeitigen Regierungsparteien zu finden, ist mehr der anstehenden Bundestagswahl geschuldet als einem plötzlichen Erkenntnisgewinn.