
Zum Anlass des Holocaust-Gedenktages 2017 laden das Kulturbüro Oldenburg und der Gedenkkreis Wehnen unter dem Motto »Der Wert des Lebens – Die Euthanasie im Nationalsozialismus« zu einer Veranstaltungsreihe ein. In der Ankündigung heißt es:
Am 5. November 2015 stimmte der Bundestag über die gesetzliche Regelung der Sterbehilfe ab, nachdem sowohl in den politischen Gremien als auch in der Öffentlichkeit ein Jahr lang intensiv über das Thema debattiert worden war. Entschieden wurde anders als die Mehrheit der Bevölkerung es sich wünschte: So ist die geschäftsmäßige Beihilfe zur Selbsttötung auch künftig verboten. Anders als in der Schweiz oder den Niederlanden bspw. dürfen Vereine oder Einzelpersonen in Deutschland keine Sterbehilfe anbieten.
Die deutsche Vergangenheit und besonders die NS-Euthanasie prägt die Auseinandersetzung mit diesem Thema bis heute. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Grenze schwer auszumachen ist zwischen einem selbstbestimmten Tod für unheilbar Kranke und der Erlösung von vermeintlich schwerem Leiden durch Andere. Das Dilemma der Beurteilung von Selbstbestimmung und Fremdbestimmung lässt sich auch mit Patientenverfügungen nicht wirklich lösen, wie aktuelle Beispiele belegen. Was also tun, wenn die Frage nach dem »Wie« des eigenen Todes nicht von anderen entschieden werden soll?
Zur Diskussion dieser Frage sollen vier Veranstaltungen dienen, die auch die Suche nach Antworten erleichtern können:
»Auf einmal ist Geschichte so nah!«
Schüler und Schülerinnen des Oldenburger Herbartgymnasiums haben das Leben von vier behinderten Kindern während der NS-Zeit unter Begleitung des Historikers Dr. Ingo Harms erforscht und in „blauen Büchern“ nieder geschrieben. In ihnen dokumentieren sie das Schicksal der vier Opfer, die im Zuge des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten getötet wurden. Die Bücher werden später den schon vorhandenen roten Büchern in der Gedenkstätte „Alte Pathologie“ zugefügt.
Mittwoch, 25. Januar, 10.00 Uhr, Moderation Stefan Buss
Kulturzentrum PFL, Veranstaltungssaal
»Die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit«
In diesem Vortrag wird Prof. Dr. Thomas Beddies über Verbrechen an Kindern berichten. Die »Kinder-Euthanasie« geschah im Alltag der Menschen, mitten in Deutschland. Niedergelassene Ärzte beteiligten sich daran ebenso wie staatliche Ämter. Krankenhäuser und wissenschaftliche Institute waren die Orte dieser Verbrechen.
Prof. Dr. Beddies ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Stellvertretender Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Freitag, 27. Januar, 19.00 Uhr
Kulturzentrum PFL, Vortragssaal
»NS-Euthanasie bis zur aktuellen Debatte um Sterbehilfe«
ist der Titel des Vortrages von Dr. Michael Wunder. Vor allem seine Forschungen zur Medizin im Nationalsozialismus machen Michael Wunder zum Kritiker in den Debatten um Sterbehilfe. Auch wenn der Suizidwunsch eines Menschen letztendlich zu akzeptieren sei, bräuchten Menschen mit Suizidgedanken zuallererst Hilfe und Ermutigung. Zu warnen sei vor einer Propagierung des Suizids als Problemlösung bei schwerer Erkrankung.
Dr. Michael Wunder ist Dipl.-Psychologe und psychologischer Psychotherapeut. Er war von 2008 bis 2016 Mitglied des Deutschen Ethikrates. Er leitet das Beratungszentrum der Evangelischen
Stiftung Alsterdorf in Hamburg, eine Einrichtung für Menschen mit
Behinderung.
Dienstag, 31. Januar, 19.00 Uhr
Kulturzentrum PFL, Veranstaltungssaal
»Die Vergeltung - Ich werde nicht schweigen«,
das ist der Spielfilm von Esther Gronenborn mit Nadja Uhl, Katja Flint, Martin Wuttke, u.a. Es geht um das Schicksal der Kriegswitwe Margarete Oelckers, der die Witwenrente von ihrem von den Nationalsozialisten ermordeten Mann versagt wird. Ihr Mann ist einer der ermordeten Patienten aus der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen. Sie realisiert, dass die Verantwortlichen von einst nie zur Rechenschaft gezogen worden sind, ihrer Ämter nie enthoben wurden und ihr Einfluss auch in der jungen deutschen Demokratie noch immer groß ist. In diesem Film wird eine direkte Beziehung zu den Geschehnissen in der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Wehnen hergestellt.
Esther Gronenborn ist in Oldenburg geboren und Regisseurin mehrerer Filme. Der o.g. Film wurde überwiegend in Tschechien erstellt, Inhalt und Handlung beziehen sich jedoch auf die Geschehnisse in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Wehnen.
Mittwoch, 1. Februar, 19.00 Uhr,
Casablanca-Kino, Johannisstraße 17, 26121 Oldenburg