
Die ALSO (Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg) hatte am 29. August Kommunalpolitiker_innen zur Veranstaltung »Oldenburg für alle? – Was können wir von der Sozialpolitik erwarten?« ins Café Herz geladen. Auf vier sozialpolitische Forderungen für den Oldenburger Lokalwahlkampf hatte die ALSO ihre Diskussionen kondensiert und bat die Politiker_innen um Stellungnahmen zu ihrem Umgang mit diesen Themen in der kommenden Wahlperiode. Als Vertreter_innen der Parteien waren Herr Raschke (CDU), Herr Kaps (SPD), Frau Schilling (Grüne), Herr Adler (Die Linke) und Herr Freese (WFO) gekommen.
In einem einführenden Vortrag entwickelte Michael Bättig (ALSO) drei Themenblöcke, in denen die ALSO akuten Handlungsbedarf seitens der Kommune sieht:
- Mehr als 1.500 Hartz-IV-Haushalte bekommen vom Jobcenter nicht genug Geld für ihre Unterkunftskosten. Die Stadt Oldenburg hat dadurch in den Jahren 2014 und 2015 mehr als 4 Mio. Euro auf Kosten der Leistungsberechtigten eingespart.
- Mehr als 3.000 Kinder im schulpflichtigen Alter leben in Oldenburg von Hartz IV. Pro Kind und Schuljahr fehlen oft mehr als 100, nicht selten mehr als 200 Euro für den Schulbedarf. Oft fehlen auch die 19 € pro Monat für die Mittagsverpflegung in der Schule.
- Die »Warmwasserpauschale« für die Warmwasserbereitung mit Strom deckt den Bedarf nicht. Einer/Einem Alleinstehenden fehlen rund 260 Euro, einer vierköpfigen Familie 520 Euro pro Jahr.
Daraus leitete er vier Forderungen ab, zu denen die Politiker_innen Stellung beziehen sollten:
- Stopp der Kostensenkungsaufforderungen beim Jobcenter und Sozialamt, solange kein entsprechender Wohnraum vorhanden ist
- Übernahme des Eigenanteils für die Mittagsverpflegung an Schulen durch die Stadt
- Übernahme der Stromkosten für die Warmwasserbereitung
- Einrichtung eines kommunalen Bildungs-Fonds: Auf Antrag und unter Vorlage von Quittungen werden Schulbedarfe und Schulbücher bezahlt, die über der Pauschale liegen.
Wie im Wahlkampf nicht anders zu erwarten, wollte sich kein_e Politiker_in nachsagen lassen, sozialen Themen gegenüber verschlossen zu sein. Dementsprechend unterschieden sich die Positionen der einzelnen Parteien auch eher nur in Nuancen.
Nun also eher zu den Unterschieden zwischen den einzelnen Parteien – auch wenn es jeweils nur Nuancen sind.
Voll hinter die erste Forderung der ALSO stellten sich Herr Adler und Herr Freese, Herr Kaps verwies auf den Sozialausschuss und sagte zu, in der Fraktion zu überlegen, ob sich die Forderung umsetzen lasse. Herr Raschke plädierte für die Wiedereinführung des Sozialen Wohnungsbaus und forderte mehr kleine, bezahlbare Wohnungen für Oldenburg. Frau Schilling verwies darauf, dass »alles was wir heute hier besprechen die Bundespolitik betrifft«, sagte jedoch zu, den Sozialausschuss damit zu beschäftigen.
Zur Umsetzung der zweiten Forderung plädierten Herr Raschke, Herr Adler und Herr Freese dafür, die Übernahme der Kosten für die Mittagsverpflegung über die OldenburgCard (hiermit können Angebote aus dem Bildungs- und Teilhabepaket wahrgenommen werden) abzuwickeln. Herr Kaps verwies erneut auf die Zuständigkeit des Sozialausschusses und stellte die Diskussion innerhalb der Fraktion in Aussicht. Frau Schilling versicherte, dass sie sich dafür einsetzen werde und das jedes Kind eine Recht auf Mittagsessen habe, verwies bei der Umsetzbarkeit jedoch auf die nächsten Haushaltsverhandlungen.
Bei der Forderung nach Übernahme der Stromkosten für die Warmwasserbereitung plädierten alle Politiker_innen dafür, die Möglichkeit zu prüfen, die tatsächlichen Stromkosten mit kostengünstigen Messgeräten zu erfassen. Ob jedoch die tatsächlichen Kosten oder lediglich die mittleren Kosten (gemittelt über alle Oldenburger Bedarfsgemeinschaften) übernommen werden sollen, blieb offen. Herr Adler schlug die Einrichtung eines städtischen Fonds vor, aus dem die Kosten getragen würden. Dies habe sich beim Schulmittel-Fonds als praktikabel erwiesen.
Über die vierte Forderung der ALSO hinausgehend forderte Herr Adler eine generelle Lernmittelfreiheit und stellte die Wiederauflage des Schulmaterial-Fonds in Aussicht. Auch die übrigen Politiker_innen schlossen sich der Forderung nach »Bildungschancen auch für arme Familien« (Freese) an und hielten die Einrichtung eines kommunalen Bildungs-Fonds für sinnvoll. Herr Raschke (»Ich habe keine Idee, wie ein solcher Fonds ausgestattet sein müsste«) und Herr Kaps (»Über die Umsetzung müssen wir konkret reden«) meldeten jedoch Klärungsbedarf bei der Umsetzung an.
Über so viel Einigkeit zwischen den Parteien zeigte sich Bättig (ALSO) überrascht aber auch erfreut: »Mit so großer Zustimmung hatten wir im Vorfeld nicht gerechnet. Wir hatten schon Widerstand erwartet.« Er machte jedoch auch deutlich, dass die ALSO die Parteien nach der Wahl an ihre Versprechen erinnern wird: »Wir werden auch nach der Kommunalwahl den Parteien auf die Finger schauen und sie an die Umsetzung unserer Forderungen erinnern.« Die ALSO sei auch gesprächsbereit: »Wir kommen auch in die einzelnen Fraktionen und diskutieren.«
Auch wir als Oldenburger Rundschau werden weiter am Ball bleiben und die Umsetzung der ALSO-Forderungen begleiten und nötigenfalls Nachfragen an die Fraktionen des neuen Rats richten.