
Die Gespräche mit Menschen, die am eigenen Leib erfahren mussten, was Faschismus und Verfolgung bedeuten, haben viele von uns geprägt und uns oft in unserem politischen Handeln bestärkt. Diese Gespräche scheinen unverzichtbar für die Vermittlung von Geschichte, unverzichtbar für die politische Praxis, unverzichtbar für jede_n Einzelne_n von uns. Doch es sind die letzten lebenden Zeitzeug_innen, die heute noch mit uns sprechen können und in den nächsten Jahren wird es auch sie nicht mehr geben.
Es ist Zeit sich Gedanken zu machen, wie eine aktive Erinnerung an Faschismus, Verfolgung und Widerstand in Zukunft auch ohne die Zeitzeug_innen funktionieren kann.
Ausgehend von dieser Fragestellung haben wir am 8. April 2016 eine Veranstaltung mit Lesung, Filmausschnitten und Diskussion organisiert und dazu drei Referent_innen eingeladen, die auf unterschiedliche Weise Erinnerungsarbeit leisten:
Silvia und Joscha Gingold
Peter und Ettie Gingold waren jüdische KommunistInnen, die im deutschen Faschismus verfolgt wurden und in der Résistance gekämpft haben. Ihre Tochter Silvia und ihr Enkel Joscha haben nach dem Tod von Peter und Ettie angefangen auf Veranstaltungen aus Peters Autobiografie zu lesen und die Erinnerung an das Leben und Wirken der beiden wachzuhalten. Silvia und Joscha sind damit ein Beispiel dafür, wie Erinnerungspolitik nach dem Tod von Zeitzeug_innen weitergeführt werden kann.
Matthias Durchfeld
Seit über 20 Jahren arbeitet Matthias bei Istoreco, dem Institut für die Geschichte der Resistenza in der Region Reggio Emilia in Italien. Er organisiert u.a. Bildungsreisen und Zeitzeug_innen-Gespräche für Schulklassen und internationale Reisegruppen zur deutschen Besatzung Italiens (1943–45) und zu der Partisan_innen-Bewegung, die sich nach der Besatzung entwickelte. Zentraler Bestandteil der Arbeit von Istoreco ist die Einbindung von Zeitzeug_innen in die Erinnerungspolitik.
Die Veranstaltung war in zwei Blöcke gegliedert. Im ersten Teil haben Silvia und Joscha Gingold aus der Autobiografie von Peter Gingold gelesen und Matthias Durchfeld hat Auschnitte aus dem Film Sabotatori gezeigt.
Im zweiten Teil haben wir die Fragestellung, wie eine Erinnerungspolitik ohne Zeitzeug_innen entwickelt werden kann mit den Referent_innen und dem Publikum diskutiert.
Wir haben die Veranstaltung aufgezeichnet und wünschen euch jetzt ein gutes Nachhören:
Ein herzliches Dankeschön für die Tonaufzeichnung der Veranstaltung und die Bereitstellung dieser. Gerne mehr Aufzeichnungen von Veranstaltungen.