
Ich möchte zwei Krimis von Merle Kröger empfehlen, eine Krimiautorin und Filmemacherin.
„Grenzfall“, beschäftigt sich mit einem realen Vorfall. Kurz vor den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen 1992 wurden im Grenzgebiet von Mecklenburg-Vorpommern und Polen zwei Männer, die illegal über die Grenze gekommen sind, von Jägern erschossen. Der Roman „Grenzfall“ beginnt zwanzig Jahre später in der Jetzt-Zeit. Die Tochter einer der beiden Männer fährt nach Deutschland und versucht herauszufinden, was mit ihrem Vater passiert ist. Der alte Fall wird nun von der Privatdedktivin Matti Junghans neu aufgerollt. Die erschossenen Männer waren Roma. Durch die Ermittlungen, und das ist besonders an diesem Buch, erfährt man viel über die verschiedenen Lebenssituationen der Roma. Die Familie lebt und arbeitet verstreut in ganz Europa und Matti Junghans muss durch ganz Europa reisen, um den Ereignissen vor 20 Jahren auf die Spur zu kommen. Es ist eine spannende Geschichte, am Anfang ein sehr dokumentarischer Roman, der immer mehr zum klassischen Krimi wird, so dass man neben dem reinen Wissenswertem auch einfach gespannt ist, wie der Kriminalfall gelöst wird. Übrigens ist dieses Buch der dritte Band um ein sehr sympathisches Ermittlerteam. Der einzige Krimi, an den ich mich erinnere, wo ich mir nach dem Lesen noch die beiden Bände vorher gekauft habe.
Das zweite Buch, dass ich vorstellen möchte ist ihr neustes Buch, „Havarie“, es erschien im Sommer 2015. „Havarie“ ist aber kein Krimi im klassischen Sinn. Es schildert den Zusammenstoß eines Luxusliners mit einem Frachtschiff auf dem Mittelmeer. Auf diese Havarie trifft auch noch ein Flüchtlingsboot. Der Roman wird collagenähnlich erzählt, elf Personen stehen im Mittelpunkt: Zu ihnen gehören einige Besatzungsmitglieder des Luxusliners, durch die man viel über die Arbeitsbedingungen auf einem solchen Schiff erfährt. Durch den ukrainischen Seefahrer des Frachters wird der Krieg zwischen der Ukraine und Russland thematisiert. Weiterhin wird von Menschen erzählt, die von Algerien nach Europa wollen. Und es gibt auch noch die Crew des spanischen Rettungsbootes. Als Leserin hatte ich irgendwann so ein Gefühl – meine Güte, wie hängt das alles zusammen? – aber je länger der Roman dauert, desto besser habe ich verstanden, wie die einzelnen Geschichten, die Menschen miteinander verwoben sind und in dieser Havarie aufeinander treffen.
Ich hab dieses Buch im Urlaub angefangen, hab mich bei den ersten zwei, drei Kapiteln noch etwas schwer getan, weil ich einen klassischen Krimi erwartet habe, aber dann war es ein sehr fesselndes und grandioses Leseerlebnis.
Wenn man Krimis mag ist „Grenzfall“ ein guter Einstieg um Merle Kröger kennenzulernen. „Havarie“ ist weniger ein Krimi, als vielmehr ein politischer, gesellschaftlicher Roman, der viele Konflikte dieser Welt berührt.
Beiden Büchern wünsche ich noch ganz viele Leser_innen!
Buchinfos:
Merle Kröger, Grenzfall, Argument Verlag, 2012, ISBN 978–3‑86754–210‑4
Merle Kröger, Havarie, Argument Verlag, 2015, ISBN 978–3‑86754–224‑1